Anonyme Bewerbungen in Verwaltungen und landeseigenen Unternehmen

Antrag der SPD Neu-Westend für die Kreisdelegiertenversammlung
(am 4.5.12 von der KDV beschlossen)

Der Landesparteitag möge beschließen:

Anonyme Bewerbungen in Verwaltungen und landeseigenen Unternehmen

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass zukünftig in den Bezirks- und Senatsverwaltungen sowie landeseigenen Unternehmen Berlins in der ersten Bewerbungsstufe anonyme Bewerbungsverfahren durchgeführt werden, d. h. auf die Abfrage von Namen, Geschlecht, Nationalität/Geburtsort, Behinderung, Geburtsdatum/ Alter, Familienstand und Foto verzichtet wird.

So soll zukünftig zum Beispiel Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderung und älteren Bewerberinnen und Bewerbern eine größere Chance auf ein persönliches Vorstellungsgespräch und damit eine bessere Jobperspektive geboten werden.

Sollten sich in einer Evaluation die positiven Effekte bestätigen, ist eine Gesetzesinitiative für generelle anonymisierte Bewerbungsverfahren in Deutschland zu prüfen.

Begründung:

Nach den positiven Ergebnissen eines Pilotprojektes der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, in dem bei den teilnehmenden privaten Unternehmen und öffentliche Verwaltungen insgesamt 8.550 anonyme Bewerbungen eingingen, sollten auch Berlin und die Bezirke diese Chance nutzen, Diskriminierungen in Bewerbungsverfahren abzubauen. Hier geht es nur um die erste Stufe des Bewerbungsverfahren, also um den Weg zur Einladung zu einem persönlichen Bewerbungsgespräch aufgrund der Qualifikation. Auch bestehende oder zukünftige Quotenregelungen sind hiervor nicht betroffen.

Im Bericht zum Pilotprojekt heißt es hierzu u. a.:
„Der Verzicht auf persönliche Angaben betrifft nur die erste Stufe des Bewerbungsverfahrens, also die Entscheidung über eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch bzw. zu einem Eignungstest. Sobald die Personalverantwortlichen entschieden haben, eine Person einzuladen, erhalten sie Einblick in personenbezogene Angaben.
Im Vorstellungsgespräch zählt neben der Qualifikation auch der persönliche Eindruck des Bewerbers oder der Bewerberin. Das Konzept der anonymisierten Bewerbungsverfahren beruht auf der Annahme, dass sich Vorbehalte und Vorurteile in und nach einem persönlichen Gespräch weniger stark auswirken als bei einer Entscheidung, die auf Grundlage von schriftlichen Bewerbungsunterlagen gefällt wird.
Ein internationaler Vergleich zeigt: Der Verzicht auf persönliche Angaben ist vor allem im englischsprachigen Raum (USA, Großbritannien, Kanada) seit Jahrzehnten übliche Praxis. Anonymisierte Bewerbungsverfahren wurden in den vergangenen Jahren zudem in verschiedenen europäischen Ländern erprobt, so etwa in Schweden, in den Niederlanden, in der Schweiz, Frankreich und in Belgien. Aus der Schweiz wurde berichtet, dass ausländische Jugendliche deutlich höhere Chancen auf eine Lehrstelle haben, wenn sie sich anonym bewerben können.“ (siehe www.antidiskriminierungsstelle.de)